エピソード

  • #12 Der Wiesbadener Juristenprozess - Von der Justiz verfolgt unter dem Label "Asozial"
    2024/12/25

    In dieser Folge von "Mal nach den Rechten schauen" beschäftigen sich Livia und Elisa mit dem Wiesbadener Juristenprozess von 1952: Fünf hochrangige NS-Juristen waren wegen ihrer aktiven Beteiligung an der Ermordung von Strafgefangenen in den Konzentrationslagern angeklagt. Im Gespräch mit Dr. Felix Wiedemann beleuchten wir das Schicksal der als unter dem Label “asozial” verfolgten Strafgefangenen – einer Opfergruppe, die sich unmittelbar in Obhut der Justiz befand - und lange Zeit übersehen wurde.

    Redaktion, Moderation & Schnitt: Livia Giuliani und Elisa Costadura

    Redaktion & Werbung: Whitney Nosakhare

    Redaktionelle Unterstützung: Viktoria Moissiadis, Tabasom Djourabi-Asadabadi, Johannes Lintig, Jonas Höltig

    🗝 Inhalt

    Das Himmler-Thierack-Abkommen und die „Vernichtung durch Arbeit“ von Strafgefangenen

    Die individuelle strafrechtliche Verantwortung einzelner Juristen für die Ermordung der Strafgefangenen in den KZs.

    Warum NS-Juristen freigesprochen wurden und die Opfer keine Gerechtigkeit erfuhren. Und was das mit der Erinnerungskultur in der BRD zu tun hat.

    Wie wurde der Begriff „Asoziale“ verwendet und welche weitreichenden Folgen das hatte.

    Persönliche Reflexionen von Felix Wiedemann über seine familiäre Verbindung zu einem der Angeklagten.

    💡 Wichtige Punkte

    Unter dem Himmler-Thierack abkommen wurde beschlossen, dass einige Strafgefangene generell deportiert und ermordet werden sollten, darunter Juden und Jüdinnen, Roma und Sinti, Menschen in Sicherungsverwahrung (meist als “Berufsverbrecher” Verfolgte), Menschen aus Polen, Russland und der Ukraine. Bei allen anderen war eine individuelle Überprüfung durch einige wenige Ministerialbeamte vorzunehmen -wer als “asozial” eingestuft wurde, wurde deportiert.

    Der Verband für das Erinnern an die verleugneten Opfer des Nationalsozialismus lehnt den Begriff „Asoziale“ ab und spricht sich dafür aus, dass von sozialrassistisch Verfolgten gesprochen werden solle. Die sozialrassistisch Verfolgten fanden ebenso wie die als Berufsverbrecher Verfolgten erst 2020 als NS-Verfolgtengruppe Anerkennung. Für Entschädigung nach dem Bundesentschädigungsgesetz war es dann zu spät. Zuvor hatte es nur vereinzelt Entschädigungen für “individuelle Härten” durch die KZ-Haft unter den Härterichtlinien des Kriegsfolgengesetzes gegeben. Bis 2019 erhielten hierüber 288 als “Asozial” und 46 als Berufsverbrecher Verfolgte Entschädigung (Bundestagsdrucksache 19/14342).

    Der Prozess zeigt die systematische Abwehr von Verantwortung durch NS-Juristen und die mangelnde Aufarbeitung in der (frühen) Bundesrepublik.

    Die meisten der Angeklagten führten nach dem Prozess ihre Karrieren in der Juristerei unbehelligt weiter.

    🔍 Quellen

    Interview mit Felix Wiedemann vom15.10.2022

    Felix Wiedemann: “Anständige” Täter -”asoziale” Opfer, VfZ 4/2019

    Helmut Kramer: Der Beitrag der Juristen zum Massenmord an Strafgefangenen und die strafrechtliche Ahndung nach 1945, KJ Vol. 43, N. 1 (2010), S. 89-107

    Folgenbild: Urteilsausfertigung des Urteils im Wiesbadener Juristenprozess, aus dem Nachlass von Friedrich Wilhelm Meyer, zur Verfügung gestellt von Felix Wiedemann

    Weiterführende Links

    Verband für das Erinnern an die verleugneten Opfer des Nationalsozialismus: https://www.dieverleugneten-vevon.de/

    Vom 13. Oktober 2024 bis zum 26. Januar 2025 bietet die Stiftung Denkmal für die ermordeten Juden Europas kostenlose öffentliche Führungen durch die Wanderausstellung »Die Verleugneten« an. Die Ausstellung kann auch digital betrachtet werden unter https://www.die-verleugneten.de/

    Anerkennung der Verfolgtengruppen im Bundestag am 13.02.2020: https://www.bundestag.de/dokumente/textarchiv/2020/kw07-de-ns-verfolgte-680750

    Triggerwarnung: Diese Folge thematisiert Gewalt und Verbrechen des NS-Regimes.

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    33 分
  • #11 Schwangerschaftsabbruch - Kontinuitäten der Beschränkung von Selbstbestimmung
    2023/09/28

    Es geht beim Schwangerschaftsabbruch, wie die deutsche Historikerin Gisela Notz sagt, immer auch um die Kontrolle weiblicher Reproduktionsfähigkeit, um die Durchsetzung von Herrschaftsansprüchen und um bevölkerungspolitische Interessen.

    Das Recht auf Selbstbestimmung beim Schwangerschaftsabbruch war nicht nur während der NS-Zeit begrenzt, sondern diese Beschränkungen reichen viel weiter in die Geschichte zurück und sind auch heute noch spürbar. Anlässlich des Safe Abortion Days veröffentlichen wir eine neue Folge zum Thema Schwangerschaftsabbruch, in der wir mit Valentina Chiofalo und Alicia Baier sprechen. Dabei diskutieren wir nicht nur über die Kontinuitäten der Beschränkung von Selbstbestimmungund die beiden relevanten Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts zum Thema Schwangerschaftsabbruch.

    Wir sprechen auch darüber, wie Betroffene dadurch kriminalisiert werden, dass der Schwangerschaftsabbruch im Strafgesetzbuch geregelt wird und inwiefern die Kriminalisierung die gegenwärtige Versorgungslage in Deutschland beeinflusst und wie eine alternative Regelung aussehen könnte.

    Moderation und Redaktion

    Livia Giuliani, Viktoria, Katharina Rödiger, Tom

    Schnitt

    Viktoria und Livia Giuliani

    Redaktionelle Unterstützung

    Tabasom, Elias Aljoscha Neis

    Shownotes

    Dirk von Behren, Kurze Geschichte des Paragrafen 218 Strafgesetzbuch, Bundeszentrale für politische Bildung, https://www.bpb.de/shop/zeitschriften/apuz/290795/kurze-geschichte-des-paragrafen-218-strafgesetzbuch/

    Derya Binışık, Bevölkerungspolitik unter dem Deckmantel des Lebensschutzes - Zur Geschichte des §218, https://www.gwi-boell.de/de/person/derya-binisik

    # NoNIPT https://nonipt.de/

    Gisela Notz, Perspektiven sexueller Selbstbestimmung in der Familienplanung, https://www.arbeitskreis-frauengesundheit.de/wp-content/uploads/2015/10/2010NotzGisela_Selbstbestimmung.pdf

    Deutscher Juristinnenbund, Policy Paper 22-26, Neues Regelungsmodell für den Schwangerschaftsabbruch, 08.12.2022, https://www.djb.de/presse/stellungnahmen/detail/st22-26

    Valentina Chiofalo, Marlene Wagner, Der Schwangerschaftsabbruch in Deutschland und der Schweiz - Ein Rechtsvergleich anhand der Autonomiefrage der ungewollt schwangeren Person, cognitio 2022, https://cognitio-zeitschrift.ch/index.php/cognitio/article/view/1266/1148

    Valentina Chiofalo, Frauen ohne Privatsphäre, Verfassungsblog, 04.05.2022, https://verfassungsblog.de/frauen-ohne-privatsphare/

    Valentina Chiofalo, Identitätspolitik als emanzipatorisches Instrument in der Debatte um den Schwangerschaftsabbruch, Verfassungsblog, 30.06.2022, https://verfassungsblog.de/identitatspolitik-als-emanzipatorisches-instrument-in-der-debatte-um-den-schwangerschaftsabbruch/

    Valentina Chiofalo, Mutterschaft als Norm? Schwangerschaftsabbruch aus gleichheitsrechtlicher Perspektive, KJ 56 (2023), S. 18-28.

    Vera Schürmann, Kompromiss auf Zeit - Das Abtreibungsstrafrecht, der Bundestag und das Bundesverfassungsgericht, Verfassungsblog, 18.10.2020, https://verfassungsblog.de/kompromiss-auf-zeit/

    Willi Geiger, Zur Rechtswidrigkeit des Schwangerschaftsabbruchs, FamRZ 1986, S. 1-6.

    Ulrike Lembke, Schwangerschaftsabbruch in der DDR und BRD, Digitales Deutsches Frauenarchiv, 25.06.2020, https://www.digitales-deutsches-frauenarchiv.de/angebote/dossiers/30-jahre-geteilter-feminismus/schwangerschaftsabbruch-in-ddr-und-brd

    BVerfGE 39, 1 - Schwangerschaftsabbruch I

    BVerfGE 88, 203 - Schwangerschaftsabbruch II

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    49 分
  • #10 Völkerrecht und Nationalsozialismus (I)
    2023/07/07

    In welchem Verhältnis stehen das Völkerrecht und Nationalsozialismus zueinander? Welche Völkerrechtler spielten im Nationalsozialismus eine Rolle? Welche Einfallstore für nationalsozialistisches Gedankengut gab es im Völkerrecht? Und wie ging es nach dem Nationalsozialismus damit weiter? Gemeinsam mit dem Völkerrechtspodcast haben wir in dieser Kollaborationsfolge diese Fragen untersucht. Der weitverbreitete Irrglaube, dass das Völkerrecht „das Gute“ darstelle trügt, denn auch das NS-Regime bezog sich auf völkerrechtliche Argumente und Interpretationen. Im ersten Teil dieser Folge haben wir Dr. Felix Lange dabei um Hilfe gebeten und mit ihm die oben angesprochenen Fragen untersucht und diskutiert. Im zweiten Teil dieser Folge gehen wir näher auf einen Artikel zum Humanitären Völkerrecht von Eyal Benvinisti ein, welcher deutlich macht, dass das nationalsozialistische Gedankengut auch noch nach 1945 die Weiterentwicklung des Völkerrechts “beeinflusste”. In beiden Teilen unserer Folge tauchen auch immer wieder die Namen von Carl Schmitt und Hans Kelsen auf – diese beiden Figuren aus dem Völkerrecht werden die Protagonisten unserer zweiten Folge zu Völkerrecht und Nationalsozialismus darstellen, in welcher wir mit Prof. Kreß über die gemeinsame Zeit der beiden an der Universität zu Köln reden werden.

    Literatur

    Benvenisti, Eyal, The Birth and Life of the Definition of Military Objectives, Legal Studies Research Paper Series, Paper No. 4/2022, March 2022.

    Bertschl, Rudolf, Die Völkerrechtslehre des Nationalsozialismus, Rote Revue: sozialistische Monatsschrift 4/19, S. 154-157.

    Diner, Dan, Rassistisches Völkerrecht, Elemente einer nationalsozialistischen Wertordnung, Vierteljahreshefte für Zeitgeschichte 1/37 (1989), S. 23-56.

    Rogge, Hinrich, Hitlers Friedenspolitik und das Völkerrecht, Zeitschrift für die gesamte Staatswissenschaft, 1939, S. 572-576.

    Schmoeckel, Mathias, Die Sumpfblüte des Völkerrechts im NS. Wechselnde Zwecke der Völkerrechtshistoriographie seit dem 16. Jahrhundert, in: Hermann/Lahusen/Ramm/Saar (Hrsg.), Nationalsozialismus und Recht, Zweite und Dritte Babelsberger Gespräche, 2018.

    Lange, Felix, Carl Bilfingers Entnazifizierung und die Entscheidung für Heidelberg, ZaöRV 74 (2014), S. 697-731.

    Lange, Felix, Zwischen völkerrechtlicher Systembildung und Begleitung der deutschen Außenpolitik. Das Max-Planck-Institut für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht 1945-2002, Forschungsprogramm Geschichte der Max-Planck-Gesellschaft.

    Interviewpartner

    Dr. Felix Lange von der Kolleg-Forschungsgruppe “International Rule of Law, Rise or Decline” 

    Autor:innen

    Isabel Lischewski, Sophie Schuberth, Viktoria Moissiadis

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    34 分
  • #9 100 Jahre Frauen in juristischen Berufen
    2023/03/07

    Im Jahr 2022 jährte sich die erste Zulassung von Frauen zu juristischen Berufen zum 100. Mal. Wie kam es dazu, dass Frauen aus juristischen Berufen verdrängt wurden und was hat sich in den letzten 100 Jahren hinsichtlich der Stellung von Frauen im juristischen Bereich getan? Inwieweit hat der Nationalsozialismus geschlechterbezogene Diskriminierung in juristischen Berufen aufgegriffen und verstärkt? Welche antifeministischen Strukturen sind auch im 21. Jahrhundert noch aktuell? Als Gesamtchronologie nehmen wir die Entwicklungen des letzten Jahrhunderts Schritt für Schritt in den Blick.

    Dazu haben wir mit Ulrike Schultz, Stefan Bajohr, Dana-Sophia Valentiner und Doris Dierbach gesprochen.

    Stefan Bajhor ist im November 2022 verstorben. Wir richten seiner Familie und seinen Freunden unser tiefstes Mitgefühl und Beileid aus.

    Mitwirkende

    Moderation: Whitney Nosakhare, Lennart Weiß

    Edit: Nora Auerbach, Elisa Costadura, Livia Giuliani

    Schnitt: Whitney Nosakhare

    Interviewpartner:innen: Ulrike Schultz, Stefan Bajohr, Dana-Sophia Valentiner, Doris Dierbach

    Shownotes

    Glöckner, Towfigh, Taxler: Geschlechts- und Herkunftseffekte bei der Benotung juristischer Staatsexamen (Zusammenfassung der Studie „Empirische Untersuchungen zur Benotung in der staatlichen Pflichtfachprüfung und in der zweiten juristischen Staatsprüfung in Nordrhein-Westfalen von 2006 bis 2016“)

    Kohleiss: Frauen in und vor der Justiz: Der lange Weg zu den Berufen der Rechtspflege

    Valentiner unter Mitarbeit von Bilawa, Beeck, Jacobs: (Geschlechter)Rollenstereotype in Juristischen Ausbildungsfällen

    100 Jahre Frauen in juristischen Berufen, Jubiläusveranstaltung im Bundesministerium der Justiz: https://www.bmj.de/SharedDocs/Artikel/DE/2022/0711_DJB.html

    100 Jahre Frauen in juristischen Berufen - ein Blick zurück und nach vorn, beck-aktuell: https://rsw.beck.de/aktuell/daily/meldung/detail/100-jahre-frauen-in-juristischen-berufen-ein-blick-zurueck-und-nach-vorn

    100 Jahre Frauen in juristischen Berufen - ein Blick zurück und nach vorn100 Jahre Frauen in juristischen Berufen - ein Blick zurück und nach vor.

    Deutscher Juristinnenbund (DJB): Juristinnen in Deutschland: Eine Dokumentation (1900-1984)

    DJB: Juristinnen in Deutschland – Die Zeit von 1900-2003

    DJB: Justitias Töchter (Podcast): https://www.djb.de/veroeffentlichungen/podcast-justitias-toechter

    100 Jahre Frauen in juristischen Berufen, DJB: https://www.djb.de/100-jahre-frauen-in-juristischen-berufen

    100 Jahre Frauen in juristischen Berufen - Eine unvollendete Geschichte, Deutschlandfunk Kultur: https://www.deutschlandfunkkultur.de/100-jahre-frauen-juristinnen-diskriminierung-100.html

    Strobl: Frauen im bewaffneten Widerstand

    Strobl: Jüdische Frauen im Widerstand

    Röwekamp: Diskriminierung oder Beteiligung? Juristinnen zwischen 1933 und 1945

    Ladwig-Winters: Das Ende eines Aufbruchs: Jüdische Juristinnen und Juristinnen jüdischer Herkunft nach 1933 – Minderheitenerfahrung und weibliche Diskriminierung

    Bajohr, Rödiger-Bajohr: Die Diskriminierung der Juristin in Deutschland bis 1945

    Üble Nachlese: https://juristenausbildung.tumblr.com/

    Lembke; Valentiner: Magdalene Schoch – die erste habilitierte Juristin in Deutschland

    Schultz: Juristinnen im Beruf: Statistiken

    Schultz: Der aufhaltsame Aufstieg der Juristinnen in Deutschland

    Schultz: Richten Richterinnen richtiger? Zur Frage, ob Frauen die juristische Berufspraxis verändern

    Schultz: Konstruktion von Weiblichkeit in juristischen Lehrmaterialien. Die staubwischende Hausfrau der „Diamonds are a Girl’s Best Friends“

    Schultz; Böning; Peppermeier; Schröder: De jure und de facto: Professorinnen 

    Dank

    Herzliches Dankeschön an Alexander Dünkelsbühler. 

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    48 分
  • #8 Späte Gerechtigkeit? Das Stutthof-Verfahren am Landgericht Itzehoe
    2022/10/11

    Seit dem 19.10.2021 läuft eines der voraussichtlich letzten Strafverfahren wegen NS-Verbrechen vor dem Landgericht Itzehoe. Der Anklagevorwurf: Irmgard F. soll als erste Schreibkraft (sog. Stenotypistin) des Lagerkommandanten des Konzentrationslagers Stutthof Beihilfe zum Mord in mehr als 11.000 Fällen geleistet haben.

    Wir waren vor Ort in Itzehoe und haben uns einen Tag der Hauptverhandlung angeschaut und mit verschiedenen Verfahrensbeteiligten (u.a. mit dem Verteidiger der Angeklagten und einer Vertreterin der Nebenklage) gesprochen.

    Neben dem Schildern unser persönlichen Eindrücke versuchen wir einige spezifische Aspekte aus dem Gesamtkomplex der strafrechtlichen (Nicht-)Aufarbeitung von NS-Verbrechen herauszugreifen und versuchen diese u.a. mit Hilfe von Prof. Nestler – einem emeritierten Strafrechtsprofessor und ehemaligem Nebenklagevertreter in NS-Verfahren – ein wenig einzuordnen.

    So beschäftigen wir uns in dieser Folge u.a. mit spannenden aber schwierigen Fragen wie: Warum kommt es erst jetzt zu einer Anklage gegen Irmgard F. und was hat die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs hiermit zu tun? Kann auch eine "bloße" Schreibtischtätigkeit den strafrechtlichen Vorwurf der Beihilfe zum systematischen Massenmord begründen? Inwiefern beeinflussen stereotype Rollenbilder unsere Auffassung davon, welche Rolle Frauen als Täterinnen im Nationalsozialismus gespielt haben?

    Autor*innen: Johannes von Lintig, Merle Bannach, Nora Auerbach

    Produktion und Schnitt: Whitney-Martina Nosakhare

    Shownotes

    Opening Statement der Verteidigung

    - https://www.gubitz-partner.de/stutthof-prozess-lg-itzehoe-opening-statement-der-verteidigung/

    Prozessverlauf

    - https://www.ndr.de/nachrichten/schleswig-holstein/Stutthof-Prozess-eine-Chronologie-der-Ereignisse,stutthof232.html

    Mediabeiträge zum Thema

    - 50 Jahre keine Strafverfolgung zu Auschwitz - warum erst jetzt wieder? https://youtu.be/kejEHJQYBMk

    - Zur Strafverfolgung von NS-Verbrechen in jüngerer Zeit: https://youtu.be/Ujt8JmgoceA

    - Verspätete Gerechtigkeit? – Über die letzten Strafprozesse gegen NS-Verbrecher: https://youtu.be/kVhgCqRhTJQ

    - Aufseherinnen im Frauen-KZ Ravensbrück Frauen im Gefolge der SS: https://srv.deutschlandradio.de/dlf-audiothek-audio-teilen.3265.de.html?mdm:audio_id=dira_DLF_058129e5

    - Die Justizreporter*innen, Mit 100 vor Gericht - Naziverbrechen verjähren nicht: https://www.ardaudiothek.de/episode/die-justizreporter-innen/mit-100-vor-gericht-naziverbrechen-verjaehren-nicht/swr/93733602/ 

    - Rauschenberger, Renz (Hg.), Henry Ormond - Anwalt der Opfer. Plädoyers in NS-Prozessen, Frankfurt a.M. 2015

    - https://www.zis-online.com/dat/artikel/2019_1_1262.pdf

    - https://www.zeit.de/zeit-magazin/2021/29/nationalsozialismus-taeter-strafverfolgung-juristische-aufarbeitung-nazi-verbrechen

    - v. Frankenberg, Wie geht die Justiz der BRD mit Nazi-Verbrechen um?, KJ 2018, 137-149

    Beiträge zum KZ Stutthof bei Danzig

    - Grabowska, in: Kuhn (Hg.), Stutthof: Ein Konzentrationslager vor den Toren Danzigs, Bremen 1995

    Weiterführende Webseiten zur Strafverfolgung von NS-Verbrechen:

    - https://nebenklage-auschwitz.de/

    - https://zentrale-stelle-ludwigsburg.justiz-bw.de/pb/,Lde/Startseite

    Weiterführende Hinweise zu weiblichen Täterinnen im Nationalsozialismus:

    - Kompisch, Täterinnen: Frauen im Nationalsozialismus, 2008

    - Lower, Hitlers Helferinnen: deutsche Frauen im Holocaust, 2016

    - H.Pahlke, Täterinnen im Nationalsozialismus: ein kriminologischer Erklärungsversuch, 2009

    - Radonić - Die friedfertige Antisemitin? https://www.youtube.com/watch?v=weewaSgJW44

    - Gestern ist Jetzt-Podcast: NS-Täterinnen und "ganz normale" Frauen, https://open.spotify.com/episode/6mWkaKMfj59cfqDW1JrbPP?si=9qcN_ZvCTbSwY_KEbeiL7Q

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    53 分
  • #7 Antisemitismus und Recht
    2022/08/09

    Wie wirkt sich Antisemitismus für Juden und Jüdinnen aus? Wie reagiert das Recht auf Antisemitismus? Und kann mit Mitteln des Rechts Antisemitismus bekämpft werden?

    Das sind Fragen, denen wir in unserer Folge „Antisemitismus und Recht“ nachgehen wollen. Wir sprechen mit der Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus RIAS und Dr. Reut Yael Paz über alltäglichen Antisemitismus, justizielles Versagen und darüber, was sich aus der Geschichte lernen lässt.

    Shownotes
    • AG Wuppertal, Urteil vom 05.02.2015 - 84 Ls 50 Js 156/14 - 22/14

    • Botsch, Von der Judenfeindschaft zum Antisemitismus – Ein historischer Überblick, https://www.bpb.de/shop/zeitschriften/apuz/187412/von-der-judenfeindschaft-zum-antisemitismus/, 2014

    • Brumlik, Antisemitismus, 2020

    • Bundesverband RIAS e.V., Handbook for the practical use of the IHRA Working Definition  of Antisemitism, Prepared by the Federal Association of Departments for Research and Information on Antisemitism, November 2020

    • Coffey/Laumann: Gojnormativität, Warum wir anders über Antisemitismus sprechen müssen, 2021

    • Czollek, Desintegriert Euch!, 2018

    • Goldenbogen/Kleinmann, Aktueller Antisemitismus in Deutschland – Verflechtungen, Diskurse, Befunde, 2021

    • Heilbronn/Rabinovici/Sznaider, Neuer Antisemitismus? Fortsetzung einer globalen Debatte, 2019

    • IHRA-Definition: https://www.holocaustremembrance.com/resources/working-definitions-charters/working-definition-antisemitism

    • Jahr, Antisemitismus vor Gericht. Debatten über die juristische Ahndung judenfeindlicher Agitation in Deutschland (1879–1960), 2011

    • Jerusalem Declaration: https://jerusalemdeclaration.org/

    • Klug, What do we mean when we say “antisemitism”?, 2013, https://www.jmberlin.de/keynote-was-meinen-wir-wenn-wir-von-antisemitismus-sprechen

    • Lagodinsky, Kontexte des Antisemitismus: rechtliche und gesellschaftliche Aspekte der Meinungsfreiheit und ihrer Schranken, 2013

    • Liebscher, Sind Juden weiß? Wie Antidiskriminierungsrecht am Antisemitismus scheitert, Völkerrechtsblog, 14.02.2018

    • Liebscher/Pietrzyk/Lagodinsky/Steinitz, Antisemitismus im Spiegel des Rechts, NJOZ 2020, 897

    • Lipstadt, Der neue Antisemitismus, 2018

    • Podcastserie von NSU Watch und VBRG e.V., Folge #22 Antisemitismus und Rassismus als Problem der Strafverfolgungsbehörden

    • Poliakov, Vom Antizionismus zum Antisemitismus, 1992

    • Steinke, Terror gegen Juden: Wie antisemitische Gewalt erstarkt und der Staat versagt. Eine Anklage, 2020

    • Zechlin, Antisemitismus als Rechtsbegriff. Wann ist Israelkritik antisemitisch und wann ist sie es nicht?, KJ Kritische Justiz 54/2021, Seite 31-46

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    47 分
  • #6 NS-Spurensuche in Köln
    2022/02/04

    Wusstet ihr, dass es Hakenkreuze am Kölner Dom gibt? Seid ihr euch bewusst, dass ihr bei einem Besuch in der Messe Deutz auf Boden eines ehemaligen Konzentrationsaußenlagers steht?

    In der 6. Folge von Mal nach den Rechten schauen nehmen euch Klara & Livia mit auf einen Stadtspaziergang durch Köln. Wir sind insgesamt nicht mehr als zwei Kilometer durch die Kölner Innenstadt spaziert. Dabei sind wir einer 1990 verlegten Spur von Künstler Gunter Demnig, dem Erfinder der Stolpersteine, gefolgt, haben Hakenkreuze am Kölner Dom entdeckt und das ehemalige Konzentrationsaußenlager Messe-Deutz besucht. Außerdem waren wir beim ersten verlegten Stolperstein am Kölner Rathaus.

    Am Beispiel dieser Orte werfen wir juristische Fragen auf, die sich im Kontext ‚Erinnern an die NS-Zeit‘ stellen. Wie sollte das Denkmalschutzrecht mit Relikten aus der NS Zeit umgehen? Ist eine Informationspflicht hierüber sinnvoll? Können antisemitische Darstellungen eine Beleidigung nach dem StGB darstellen? Die strafrechtliche Aufarbeitung der NS-Zeit spielte in unserer Ausbildung keine Rolle. Die strafrechtliche Aufarbeitung und Entschädigung von Opfern von Orten wie der Kölner Messe ist jedoch noch immer unvollständig und somit aktuell relevant.

    Wir sprechen unter anderem dazu hoch oben auf den Türmen (Fialen) des Kölner Doms mit Matthias Deml, Kunsthistoriker und Pressesprecher der Kölner Dombauhütte und mit Dr. Karola Fings, ehemalige stellvertretende Leiterin des NS-Dokumentationszentrums in Köln (ein Besuch lohnt sich!) und Forscherin an der Forschungsstelle Antiziganismus an der Uni Heidelberg. Sie war Teil der Projektgruppe Messelager, die die Geschichte des Messelagers erforschte und nahm die Recherchen vor, die zur Verlegung der von uns gefolgten „Spur“ führten. Das LVR-Amt für Denkmalpflege beantwortete uns einige rechtliche Fragen schriftlich. Vielen Dank an alle Beteiligten.

    Was habt ihr auf euren Spaziergängen herausgefunden? Was denkt ihr zu den aufgeworfenen Fragen des Denkmalschutzrechts? Verlinkt uns & wir diskutieren gerne mit euch darüber. #MalnachdenRechtenSchauen

    Redaktion/Moderation

    Livia Giuliani

    Klara Miran Ipek

    Korrekturen
    • Die Spur von Gunter Demnig wurde 1990 verlegt, nicht 1980, wie erwähnt.

    • Im Lagerkomplex der Kölner Messe befand sich neben dem KZ Außenlager Buchenwald auch ein Kriegsgefangenenlager, ein Polizeihilfsgefängnis der Gestapo sowie Lager für zivile Zwangsarbeiter:innen. Die von uns im Podcast genannten Spekulationen der Zahlen zu KZ-Häftlingen beziehen sich auf alle Lager gemeinsam. Die Zahl der Häftlinge, die im KZ-Außenlager waren, ist bekannt und beläuft sich auf rund 6000 (Fings 1996, S. 56). Insbesondere die Zahl der Häftlinge im Gestapolager am Tanzbrunnen ist jedoch schwer zu bestimmen.

    Shownotes

    https://www.malnachdenrechtenschauen.de/podcast/6-ns-spurensuche-in-koeln/

    "Hohenzollernbrücke, Cologne", by glasseyes view, CC-BY-SA 2.0

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    35 分
  • #5 Zivil(un)recht: Zivilrechtsprechung in der NS-Zeit – Ein Interview mit Georg Falk
    2022/01/08

    In der fünften Folge des Podcast geht es um die Frage, wie anfällig Rechtsanwendung für Missbrauch und Vereinnahmung durch Ideologien ist. Anschauungsobjekt soll dabei das Zivilrecht sein. In besonders drastischer und nachhaltiger Weise wurden Rechtswissenschaft und Rechtsprechung in der Zeit des Nationalsozialismus beeinflusst. In dieser Zeit entstand ein staatliches System der Entrechtung und Verfolgung ganzer Personengruppen. Die Rechtsordnung spielte eine entscheidende Rolle bei der Verfestigung und Etablierung dieser Politik. Wie verhielt sich hierzu das Zivilrecht? In der Nachkriegszeit hielt sich lange der Mythos einer standhaften Zivilrechtsprechung. Ist diese Auffassung aber zutreffend?

    Der Gast unserer Folge, Dr. Georg Falk, hat sich im Rahmen eines Forschungsprojekts näher mit der Rechtsprechung im OLG-Bezirk Frankfurt a.M. in der NS-Zeit befasst. Die Publikation „Willige Vollstrecker oder standhafte Richter?“, deren Mitverfasser unser Gast ist, stellt Gerichtsentscheidungen dar, die charakteristisch für die damalige Zeit stehen. Neben unauffälligen und teils mutigen Entscheidungen stechen auch Fälle heraus, in denen NS-Ideologie zur Richtschnur der gerichtlichen Entscheidung wurde. Anhand von zwei Beispielsfällen soll gezeigt werden, wie sich die Einbindung der NS-Ideologie konkret vollzog. Die Fälle verdeutlichen (wie im Fall Alice Biow), dass Entrechtung und Diskriminierung im Alltag oftmals der Vertreibung und Ermordung verfolgter Personen vorausgingen. Alice Biow verlor 1938 einen Zivilprozess. 1942 wurde diese zusammen mit ihrer jüngeren Schwester in das Vernichtungslager Sobibor deportiert und ermordet.

    Diese Fragen sind höchst aktuell. Zwar hat sich die Rechtsprechung nach 1945 gewandelt und orientiert sich heute am Verfassungsverständnis des Grundgesetzes. Hindert dies aber in jedem Fall eine Vereinnahmung durch bestimmte politische Ideologien? Wie kann die Ausbildung auf diese Herausforderungen reagieren? Kann Rechtsprechung überhaupt objektiv und neutral sein? Wie so oft erweist sich der Blick in die Vergangenheit als erkenntnisreich.

    Shownotes
    • Falk, Georg D. / Stump, Ulrich / Hartleib, Rudolf H. / Schlitz, Klaus / Braun, Jens-Daniel: Willige Vollstrecker oder standhafte Richter? Die Rechtsprechung des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main in Zivilsachen von 1933 bis 1945, Historische Kommission für Hessen, Marburg 2020.

    • Gruenewaldt, Arthur von: Die Richterschaft des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main in der Zeit des Nationalsozialismus. Die Personalpolitik und Personalentwicklung, Tübingen 2015.

    • Rüthers, Bernd: Die unbegrenzte Auslegung. Zum Wandel der Privatrechtsordnung im Nationalsozialismus, 8. Auflage, Tübingen 2017.

    • Schröder, Rainer: „...aber im Zivilrecht sind die Richter standhaft geblieben!" Die Urteile des OLG Celle aus dem Dritten Reich, Baden-Baden 1988.

    • Staff, Ilse: Justiz im Dritten Reich. Eine Dokumentation, Frankfurt a.M. 1964.

    Weitere lesenswerte Beiträge, insbesondere zu den Fallbesprechungen, auf unserer Homepage!

    Quellen und Lizenzen:

    Folgenbild: Überarbeitete Version von „Frankfurt am Main: Gerichtsstraße 2 (Gebäude B des Landgerichts), von Südosten gesehen“ von Roland Meinecke, veröffentlicht unter GNU-Lizenz (https://www.gnu.org/licenses/old-licenses/fdl-1.2.html (5.1.2021)).

    Kapitelbild „Volksempfänger“: Quelle &Lizenz unter https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Ve301w.jpg

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